Symptom: Abmagerung bei Reptilien
Abmagerung (Kachexie) ist bei Reptilien leider häufiger zu beobachten als man meinen möchte. Denn eigentlich arbeitet der Stoffwechsel von Reptilien langsamer, aber auch effizienter als der von Menschen zum Beispiel. Deshalb kommen sie mit sehr viel weniger Nahrung aus. Ganz ohne Energiezufuhr geht es aber auch bei Reptilien nicht. Schließlich müssen wichtige Prozesse wie der Herzschlag, Wachstum oder auch die Verdauung aufrechterhalten werden. Steht nicht genügend Nahrung zum Verbrennen bereit, geht der Körper an die Fettreserven, Muskeln und schließlich das Organgewebe. Die Tiere magern sichtbar ab.
Woran erkennst Du, dass Dein Tier abgemagert ist?
Deutlich zu erkennen ist die Abmagerung an folgenden Symptomen:
- Knochen treten hervor
- Haut hängt schlaff herab
- Augenhöhlen sind eingesunken
- geringe oder gar keine Nahrungsaufnahme
- geringe oder gar keine Kotabgabe
- erhöhtes Trinkbedürfnis
- Lethargie
Oft geht die Abmagerung mit einer Dehydration einher. Anders als die eigentliche Abmagerung, die einen fortschreitenden Gewichtsverlust zeigt, weist ein plötzlicher, drastischer Gewichtsverlust auf eine Dehydration als eigentliches Problem hin. Hast Du den Verdacht, dass Dein Tier an Abmagerung oder Dehydration leidet, solltest Du spätestens dann Gewichtskontrollen vornehmen.
Ursachen für Abmagerung bei Reptilien
Die Ursachen für Abmagerung bei Reptilien sind überraschend vielfältig. An erster Stelle stehen aber Fehler des Halters. Am offensichtlichsten ist eine unzureichende Fütterung. Aber auch, wenn Tiere ausreichend zu fressen bekommen, können sie abmagern. Dann nämlich, wenn der Körper die aufgenommene Nahrung nicht richtig verwerten kann. Dafür können Haltungsfehler beim Klima ebenso verantwortlich sein wie Dehydration, ein partieller Darmverschluss, Parasiten oder bestimmte Krankheiten.
Fehler bei der Fütterung
Nicht überraschend führt die Gabe von zu wenig Futter zur Abmagerung von Reptilien. Dabei muss der Halter sein Tier nicht unbedingt vorsätzlich hungern lassen. Oft sind Fehler bei der Fütterung Schuld. So ist vielleicht die Futtermenge/Futtertiergröße oder die Fütterungshäufigkeit nicht ausreichend gemessen an der Größe des Tieres. Jungtiere etwa haben aufgrund der schnellen Entwicklung einen hohen Energiebedarf und werden ad libitum, das heißt, nach Bedarf gefüttert: und zwar täglich, bis sie satt sind. Und auch bei etwas älteren Tieren gilt: Je größer sie werden, desto höher der Energiebedarf. Umso mehr muss also gefüttert werden. Auch Trächtigkeit, Krankheit oder Phasen erhöhter Aktivität können ein Grund sein, dass mehr gefüttert werden muss. Ein Blick in die Fachliteratur und ein genaues Beobachten Deiner Schützlinge hilft, solche Fehler zu vermeiden.
Manchmal liegt es aber gar nicht an einer zu geringen Futtermenge, wenn Reptilien abmagern. Möglich ist auch, dass sie das Falsche angeboten bekommen. Pflanzenfresser, Fleischfresser (unterschieden in Insektenfresser wie Echsen und Tiere wie Schlangen, die hauptsächlich kleine Säugertiere und Vögel fressen) und Allesfresser haben unterschiedliche Ansprüche an ihre Nahrung. Wirst Du diesen nicht gerecht, entstehen Mangelkrankheiten. Wird der Fehler lange nicht behoben, kommt es zur Abmagerung. Was Du wie in welchen Mengen welchen Tieren füttern musst, haben wir Dir in dem Beitrag Ernährung Reptilien zusammengestellt. Für spezifische Angaben zu der von Dir gehaltenen Art wirfst Du danach am besten einen Blick in das entsprechende Tierporträt.
Fehler beim Klima
Reptilien sind wechselwarm. Was das bedeutet, erklären wir Dir in dem Beitrag Wechselwarm: So überleben Reptilien das Wetter. Kurz gesagt: Reptilien halten ihre Körpertemperatur nicht selbst stabil, sondern müssen sie über die Umgebungstemperatur regulieren. Für wichtige Prozesse wie etwa die Verdauung müssen sie den Körper auf "Betriebstemperatur" aufheizen. Ist es zu kalt, kann die aufgenommene Nahrung nicht verwertet werden. Dasselbe gilt, wenn es zu warm ist. Die Lösung: Ein Temperaturgradient, der es den Tieren ermöglicht, sich an einem Sonnenplatz ausreichend schnell aufzuwärmen, sich in einem mittleren Temperaturbereich aufzuhalten oder aber sich an einen kühlen und dunklen Schattenplatz zurückzuziehen. Zeigt Dein Tier Anzeichen für Abmagerung, solltest Du die Werte im Terrarium kontrollieren. Ist es zu kühl, wirst Du Deinen Pflegling auffallend lange unter der Wärmelampe finden. Ist es zu warm, bleibt er dem Sonnenplatz möglichst fern und versucht vielleicht, sich in ein dunkles Versteck zurückzuziehen oder im Bodengrund einzugraben. Auch hier hilft ein Blick in die Tierporträts sowie in die Klimatabellen für die gehaltene Art, um die Temperaturen entsprechend zu korrigieren.
Genauso ungünstig wirken sich Fehler in der Beleuchtung aus. Treten zu einer zu kühlen Haltung noch zu kurze Beleuchtungszeiten und ein zu geringes Angebot an Helligkeit und UV-Strahlung, bereiten sich die Tiere auf die Winterruhe vor und stellen die Nahrungsaufnahme ein. Gleiches gilt umgekehrt für zu lange Beleuchtungszeiten mit zu viel Helligkeit.
Stress
Stress schlägt nicht nur uns Menschen auf den Magen. Auch Reptilien leiden an Appetitlosigkeit, wenn sie ständig unter Bedrängnis stehen. Neben den falschen Haltungsbedingungen kann das Fehlen von Versteckmöglichkeiten, ein zu dichter Besatz im Terrarium oder territoriales Verhalten beziehungsweise Paarungsdruck den Stress auslösen. Tiere, die sich gegen ihre Artgenossen nicht durchsetzen können, haben unter Umständen gar keinen Zugang zu Nahrung oder Sonnen- und Schattenplätzen. Hier ist für eine entsprechende Entlastung zu sorgen.
Dehydration
Auch wenn Reptilien wahre Sparkünstler sind, wenn es ums Trinken geht: Auch sie brauchen Flüssigkeit. Zum Beispiel, um das Blut dünn und fließfähig zu halten. Oder für die Verdauung. Schlaffe Haut und ein rapider Gewichtsverlust sind Anzeichen dafür, dass Dein Tier austrocknet. Doch auch bei unzureichender Nahrungsaufnahme kann ein Flüssigkeitsmangel eintreten. Denn einen Teil der Flüssigkeit nehmen die Tiere über die Nahrung auf, insbesondere über Futterinsekten oder Frostfutter. Steht nicht genug vom richtigen Futter zur Verfügung, bedeutet das nicht nur eine Unterversorgung mit Energie, sondern auch eine Unterversorgung mit Wasser. Fehlt dem Körper erst einmal Wasser, läuft dann auch die Verdauung nicht mehr optimal ab: Was gefressen wird, kann nicht mehr ausreichend verwertet werden. Was Du tun musst, wenn Dein Tier dehydriert ist, erfährst Du im Beitrag Symptom: Faltige Haut.
Fremdkörper im Darm
Damit Reptilien sich wohl fühlen, brauchen sie den richtigen Bodengrund. Werden Teile davon (Sand, Steinchen, Rinde) mit der Nahrung aufgenommen, können diese im schlimmsten Fall den Darm blockieren. Die Passage der Nahrung wird gestört, Entzündungen können die Lage noch verschlimmern. Das alles führt zu einer schlechten Verwertung der Nahrung und zur Abmagerung. Umso wichtiger, dass Du den richtigen Bodengrund wählst (auch hier lohnt sich ein Blick in die Tierporträts) und Dein Tier regelmäßig beobachtest, um die Anzeichen für ein solches Problem schnell zu erkennen.
Parasiten
Parasiten ernähren sich von ihrem Wirt. Bandwürmer, Spulwürmer, Hakenwürmer und verschiedene Darmparasiten entziehen Deinem Tier nicht nur Energie. Sie können auch den Darm verletzen oder einen Darmverschluss herbeiführen, wenn etwa nach einer Wurmkur eine große Anzahl toter Parasiten den Darm versperrt. Auch wenn Dein Tier trotz der Beschwerden ausreichend frisst, kann es die Nahrung nicht voll für sich auswerten und magert ab. Parasiten ist gut beizukommen, solange der Befall sich in Grenzen hält. Es ist daher wichtig, dass Du regelmäßig eine Kotuntersuchung vornehmen lässt.
Krankheiten
Eine Reihe von Krankheiten kann ebenfalls Schuld sein, wenn Reptilien zusehends an Gewicht verlieren. Bei Abmagerung von Reptilien solltest Du daher nach Ausschluss anderer Ursachen auch an Diabetes, eine Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) oder Erkrankungen der Leber denken. Außerdem können schwere Erkrankungen immer zu Appetitlosigkeit und damit zu einer unzureichenden Nahrungsaufnahme und Abmagerung führen. Im Zweifelsfall lieber einmal zu viel als einmal zu wenig zum Tierarzt gehen!
Behandlung von Abmagerung bei Reptilien
Leidet Dein Reptil sichtbar an Abmagerung, ist bereits ein alarmierender Zustand erreicht. Jetzt einfach mehr oder besser zu füttern, bringt nichts. Es kann sogar schädlich sein. Da mit der Unterversorgung meist auch eine Dehydration einhergeht, droht ein hypovolämischer Schock. Es ist daher wichtig, die Tiere zunächst zu rehydrieren.
Rehydrieren
Gehen die Tiere noch selbst ans Wasser, hilft es, sie durch ein wenig Heu in der Wasserschale oder durch Ansprühen zum Trinken zu animieren. Im fortgeschrittenen Stadium sollte die Flüssigkeitsaufnahme durch regelmäßige lauwarme Bäder und die Verabreichung einer Elektrolytlösung unterstützt werden. Bei Abmagerung kann man dieser gut 3 % Glukose zusetzen, um die Kalorienzufuhr zu erhöhen. Wenn die Tiere nicht freiwillig trinken, muss die Flüssigkeit über eine Einwegspritze ohne Nadel direkt in den Mund geträufelt werden. Vorsicht: Dehydrierte Reptilien können keine großen Flüssigkeitsmengen bewältigen! Deshalb immer nur kleine Mengen verabreichen und Zeit zum Schlucken geben. Mehr zur Behandlung von Dehydration bei Reptilien findest Du im Beitrag Symptom: Faltige Haut.
Zum Fressen animieren
Hast Du den Kampf gegen die Dehydration erfolgreich aufgenommen, kommt die Lust aufs Fressen vielleicht von alleine zurück. Einen letzten Versuch ist es allemal wert, denn die Alternative "Zwangsfütterung" ist kein Spaß. Um Deinen Tieren das Futter schmackhaft zu machen, darfst Du jetzt auch einmal auf besondere Leckerbissen zurückgreifen oder ein paar Tricks anwenden. Bewährt haben sich folgende Maßnahmen:
- Leckerbissen unter der Wärmelampe
- Solche Leckerbissen sind zum Beispiel: grüne, krabbelnde Futtertiere für Echsen, rote und orange Früchte wie Wassermelone und Kaktusfrucht für Landschildkröten; bei Schlangen Vorlieben/Prägungen beachten
- Appetit anregen: mit Glukoselösung aus 2,5 - 5% Traubenzucker, in Wasser gelöst, maximal 10 ml/kg in 24 Stunden; bei Landschildkröten auch ein Bad in lauwarmem Wasser mit 5% Zucker
- Lust auf Süßes: Blattläuse oder Futter mit Zuckerlösung einstreichen
- Einfach gemacht: Futtertiere eine Nummer kleiner anbieten als sonst, für Pflanzenfresser Futter klein schneiden
- Futterneid nutzen: Beim Fressen zusehen weckt oft die Lust, selber zuzuschlagen
- Auf engem Raum: Echsen schaffen sich nervende Krabbler vom beziehungsweise in den Hals, wenn keine Ausweichmöglichkeit besteht.
Zwangsfütterung
Du hast Deine Echse, Schlange oder Schildkröte gut hydriert und ihr das Futter so richtig schmackhaft gemacht. Was tun, wenn Dein Reptil immer noch nicht frisst? Dann ist es leider Zeit für die Zwangsfütterung. Am besten nach vorheriger Absprache mit dem Tierarzt, der zum Beispiel einen Darmverschluss ausschließen sollte. Die Zwangsfütterung läuft dann folgendermaßen ab:
- Darmsanierung, zum Beispiel mit Bene-Bac (alternativ Lactobacillus acidophilus in flüssiger Form); für Pflanzenfresser kann man zusätzlich einen leicht verdaulichen, flüssigen Brei aus Alfalfa (zum Beispiel in Pulverform) in Wasser geben, ca. eine Stunde nach den Bakterien zum Aufbau der Darmflora.
- Flüssignahrung: Nach ein bis zwei Tagen Darmsanierung erhalten Pflanzen- und Fleischfresser für sie geeignete Flüssignahrung.
- Säuglingsnahrung: Nach ein paar Tagen Flüssignahrung kann mit der Gabe von Säuglingsnahrung begonnen werden, vegetarisch für Pflanzenfresser, mit Fleisch für Fleischfresser. Es ist darauf zu achten, am Anfang proteinarme Sorten zu füttern, die leichter verdaulich sind. Schließlich muss die Verdauung erst wieder in Gang kommen. Außerdem kostet auch das Verdauen Energie, und dieser Verlust sollte möglichst gering gehalten werden. Wird die proteinarme Variante gut vertragen, kann auf proteinreichere Sorten umgestellt werden. Für Pflanzenfresser eignet sich auch ein Brei aus Wasser und passierten Kräutern, bei dem der Wasseranteil mit der Zeit abnimmt und der Anteil pflanzlicher Nährstoffe steigt.
- kleine Futterstücke: Schließlich kannst Du Deinem Tier kleine Futterstückchen ins Maul stopfen.
- Eigenständiges Fressen: Ist Dein Tier soweit, dass es wieder selbst fressen kann, gewöhne es langsam an die normale Art der Fütterung. Du kannst es bei der Umstellung unterstützen. Schlangen etwa kann der Geruch von Hühnerbrühe auf dem Futtertier an die Beute führen. Schwache Echsen haben es leichter, wenn Du ihnen das Insekt an einer Zange reichst. Und für Pflanzenfresser kannst Du dem Brei langsam kleine Stücke beimischen, bis eine Portion nur noch aus fester Nahrung besteht.
Bist Du bei einer normalen Fütterungsweise angekommen, kannst Du anfangs ruhig häufiger füttern als zuvor.
Die Ursachen für Abmagerung bei Reptilien können also vielfältig sein und sind nicht immer so offensichtlich wie man meinen möchte. Besteht Dein Tier nur noch aus Haut und Knochen, ist ein Abstellen der Ursache allerdings nicht ausreichend. Vielmehr ist schnell intensive Hilfe gefragt. Leider ist es nicht so einfach, dass Du abgemagerte Tiere mit mehr Futter versorgst. Die Darmflora ist nach langen Hungerperioden so geschädigt, dass die Nahrung nicht mehr verwertet werden kann. Leidet das Tier zugleich an Dehydration, droht sogar ein hypovolämischer Schock. Bei Abmagerung von Reptilien steht an erster Stelle daher die Rehydrierung. Auf diese folgt eine Darmsanierung, bei der mit Bakterien die Darmflora wieder aufgebaut wird. Erst dann kann mit der Gabe von Nahrung begonnen werden: Zunächst mit leicht verdaulicher Flüssignahrung, dann mit Babybrei, später dann mit kleinen Futterstücken. Erst dann kannst Du Dein Tier wieder an eine normale Fütterung gewöhnen.