
Maurische Landschildkröte: Haltung
Die Maurische Landschildkröte (Testudo graeca) ist ein wahrer Anpassungskünstler. Ihr Verbreitungsgebiet umfasst so unterschiedliche Regionen wie den europäischen Mittelmeerraum mit seinem ganzjährig milden Klima, die trockenen Halbwüsten Nordafrikas und die heißen Steppen Asiens, in denen es im Winter aber sehr kalt werden kann. Sie fühlt sich auf Sand genauso wohl wie auf Kulturflächen, in Buschlandschaften und auf Berghängen bis zu 2000 m Höhe. Abhängig vom Herkunftsgebiet variieren Größe, Aussehen und Verhalten erheblich. Die Wissenschaft entdeckt immer neue Unterarten, zurzeit geht man von 13 aus.
Diese können je nach Ursprungsgebiet eine Färbung von Gelb über Grün bis Dunkelbraun aufweisen, von der sich die Hornschilde in Braun oder Schwarz abheben - bei Jungtieren noch stärker als bei adulten Schildkröten. Tiere aus besonders heißen Habitaten sind in den kühleren Morgen- und Abendstunden aktiv und graben sich bei Temperaturen über 40 °C im Boden ein oder verziehen sich in Felsspalten. Abhängig vom Klima halten manche Unterarten eine Sommerruhe, andere verfallen während der kalten Monate in eine Winterstarre. Der hohe, glatt gewölbte Rückenpanzer mit schmalem, langen Nackenschild ist je nach Unterart etwas anders aufgewölbt, der Schwanzschild ist in der Regel ungeteilt, der dunkle Bauchpanzer hat an dieser Stelle ein bewegliches Scharnier. Der Schwanz ist kurz und weist keinen Hornnagel auf - ein sicheres Unterscheidungsmerkmal zur Griechischen Landschildkröte (Testudo hermanni).
Maurische Landschildkröte: artgerechte Haltung
Die Maurische Landschildkröte zählt zu den am häufigsten gehaltenen Landschildkröten. Das verdankt sie sicherlich zu einem guten Teil ihrer kleinen bis mittleren Größe. Mit bis zu 35 cm Panzerlänge und maximal 5kg Gewicht lässt sich den Anforderungen der Tiere an eine artgerechte Unterbringung noch relativ gut nachkommen.
Mindestgröße
Schildkröten brauchen immer viel Bewegungsfreiheit. Sie sind vielleicht nicht die schnellsten Reptilien. Doch auf der Suche nach Futter legen sie in freier Natur große Strecken zurück. Da das Futterangebot in Gefangenschaft reicher ist, müssen es nicht gleich mehrere Hektar sein, die den Tieren zur Verfügung gestellt werden. Damit aber eine gute Strukturierung mit Sonnen-, Schatten- und Versteckplätzen möglich ist, darf das Gehege auch nicht zu klein geraten, zumal Schildkröten am besten in kleinen Gruppen gehalten werden. Mit bis zu 20 cm Panzerlänge eine der kleineren Arten der europäischen Landschildkröten, braucht etwa die Griechische Landschildkröte bereits um die 10 qm Platz pro Tier, für jedes weitere kommen 5 qm hinzu. Bei der bis zu 15 cm großen Maurischen Landschildkröte muss also mit noch mehr Platz gerechnet werden. Dazu kommt für die kühlen Tage ein beheiztes Schutzhaus. Für die Wohnungshaltung sind die Tiere nicht geeignet, sie sind insbesondere auf UV-Strahlung angewiesen, am besten direkt unter der Sonne.
Einrichtung
Wie bereits erwähnt ist für die wechselwarmen Tiere eine gute Strukturierung des Geheges absolut notwendig. Neben Sonnenplätzen muss sich auch genügend Schatten finden. Bepflanzung, große Steine, Wurzelhölzer und Baumstämme dienen nicht nur als Futter, sondern bieten auch Schutz vor der Sonne und Raum zum Verstecken. Der Bodenuntergrund sollte dem im Verbreitungsgebiet möglichst ähnlich sein und vielseitig gestaltet werden. In Sand und Erde können die Schildkröten graben, auf steinigem Grund ihre Krallen abnutzen und sich auch am Abend noch aufwärmen, da die Steine die Wärme lange halten. Steinplatten lassen zudem überschüssiges Wasser ablaufen und helfen so, Staunässe zu vermeiden. Sowohl im Freigehege als auch im Schutzhaus müssen Wasser- und Badeschalen angeboten werden, die flach genug sind, um den Tieren leichten Zugang zu gewähren. Thema Sicherheit: Die Schildkröten wirken vielleicht schwerfällig, sind aber Ausbruchskünstler. Ist das Gehege nicht ausreichend gesichert, können sie die Einfassung sowohl untergraben als auch überklettern. Die Umzäunung sollte also möglichst tief in den Boden eingelassen werden und mindestens 40 cm hoch sein. Auf dekorative Bepflanzung sollte man dann verzichten, wenn sie als Kletterhilfe dienen könnte. Als Schutz vor Greifvögeln, Raben, Marder und Fuchs (oder den Haustieren der Nachbarn) sollte ein Gitter aus Maschendraht das Gehege nach oben sichern. Gerade Jungtiere sind sonst schnell verschwunden.
Temperatur, Beleuchtung, Luftfeuchtigkeit
Im Freigehege kann man Temperatur, Lichtverhältnisse und Luftfeuchtigkeit natürlich nicht steuern. Das ist aber nicht schlimm, denn auch im natürlichen Verbreitungsgebiet ist das Wetter nicht immer gleich. Allerdings ist es dort in der Regel deutlich wärmer als in unseren Breiten. Afrikanische Arten werden es in deutschen Gärten schwer haben und deshalb anfällig für Stress und Krankheiten sein. Für die östlichen Unterarten ist der Unterschied nicht ganz so groß und sie kommen auch bei uns gut im Freigehege zurecht, zumal wenn bei der Anlage darauf geachtet wird, dass immer ein Bereich von der Sonne beschienen wird. Da Schildkröten die natürliche UV-Strahlung der Sonne brauchen, ist es wichtig, dass sie möglichst viel ihrer Zeit auch tatsächlich im Freien verbringen und nicht ständig das Schutzhaus aufsuchen müssen.
Dieses muss frei zugänglich sein und für die kühlen Stunden und Tage einen Sonnenplatz bieten, an dem eine Wärmelampe für bis zu 40 °C sorgt und auch den Rest des Raumes beheizt. Per Thermostat kann man dafür sorgen, dass sich die Extrawärme nur zuschaltet, wenn die Temperaturen ohne Heizung nicht ausreichen, um den Tieren die für ihre körperlichen Prozesse nötige Aufwärmung zu ermöglichen. Bei der Maurischen Landschildkröte läuft der Stoffwechsel zum Beispiel nur rund, wenn die Körpertemperatur mehrere Stunden am Tag über 30 °C liegt.
Reinigung
Damit mangelnde Hygiene die Tiere nicht krank macht, sollte insbesondere der Kot am besten täglich entfernt werden. Auch die Wasserschalen müssen stets sauber und frisch befüllt sein. Ansonsten ist es wichtig, den Zustand des Geheges immer im Blick zu haben und Ausbesserungen vorzunehmen, sobald sie nötig werden. Natürlich darf auch das Schutzhaus bei der Reinigung nicht vergessen werden.
Ernährung: Das frisst die Maurische Landschildkröte
Schildkröten sind Vegetarier. Das kommt so manchem Halter entgegen, der mit der Fütterung von Lebend- und Frostfutter so seine Probleme hat. Noch dazu versorgen sich Schildkröten am liebsten selbst. Im Gehege sollten also auch Parzellen mit Gräsern, Kräutern, Blütenpflanzen und Klee zur Verfügung stehen. Gerne werden die jungen Triebe, Knospen und Blüten verspeist, in trockenen Herkunftsgebieten muss die Maurische Landschildkröte aber oft mit minderwertigen Pflanzenteilen Vorlieb nehmen.
Im Allgemeinen zeigt die Maurische Landschildkröte sich dementsprechend genügsam, was das Futter angeht. Grünzeug aus dem Garten und vom Feld kann zusätzlich zu den Pflanzen im Gehege angeboten werden, Löwenzahn, Klee, Spitz- und Breitwegerich werden gerne genommen. Auch Salate können vor allem im Frühjahr und Herbst den Speiseplan ergänzen, wobei man um Feld-, Kopf- und Eisbergsalat einen Bogen machen sollte.
Obst hingegen ist nicht besonders gut geeignet und auf tierische Nahrung sollte ganz verzichtet werden. Zwar fressen Schildkröten in der Natur auch das ein oder andere Insekt, entweder weil das Nahrungsangebot zu knapp ist oder um ihre Proteinversorgung aufzupeppen. Die Regel ist es aber nicht. Sollte Deine Schildkröte das Bedürfnis verspüren, ihre Ernährung um tierisches Protein zu bereichern, wird sie im Freigehege sicher den einen oder anderen Leckerbissen finden.
Bei ausgewogener Ernährung brauchen Schildkröten keine zusätzlichen Vitamine. Kalzium jedoch sollte stets angeboten werden, zum Beispiel in Form von Sepiaschalen. Das ist für die Gesundheit von Knochen und Panzer wichtig. Das Kalzium sollte aber immer getrennt vom Futter gegeben werden. Sonst droht eine Überdosierung.
Übrigens sollte das Nahrungsangebot wie in der Natur mit den Jahreszeiten wechseln: Blüten und frisches Grün im Frühling und Sommer, zum Herbst hin darf es ruhig etwas angewelkt sein. Das bereitet auf die Winterstarre vor.
Winterstarre: So überwinterst Du die Maurische Landschildkröte
Dass Deine Maurische Landschildkröte in Deutschland aufgrund zu großer Hitze eine Sommerruhe hält, ist eher unwahrscheinlich. Die kalten Monate im Winter aber machen eine Überwinterung nötig. Im natürlichen Habitat gräbt sie sich dazu im Boden ein und verharrt je nach Ursprungsgebiet einige Wochen bis Monate ohne Aktivität. Im Prinzip kannst Du Deine Schildkröte auch im Freigehege überwintern lassen. Allerdings muss dann sichergestellt sein, dass die Stelle vor Bodenfrost geschützt ist und Nachbars Hund nicht zufällig auf das Versteck stößt. Kontrollierter erfolgt die Überwinterung im Kühlschrank oder einem kühlen Kellerraum bei 8-10 ° C.
Damit Deine Tiere die Winterstarre gut überstehen, solltest Du mit etwas Vorlauf eine Kotprobe auf Parasiten untersuchen und wenn nötig eine Behandlung durchführen. Warum das wichtig ist, erfährst Du hier. Alles rund um die Winterruhe bei Reptilien haben wir Dir in diesem Beitrag zusammengestellt.
Fortpflanzung und Zucht der Maurischen Landschildkröte
Der Bestand Maurischer Landschildkröten ist in ihren Herkunftsgebieten bedroht, weshalb Testudo graeca unter Artenschutz steht. Das bedeutet nicht nur, dass bei Anschaffung ein Haltungsnachweis vorliegen und Tausch, Verkauf und Tod der Tiere gemeldet werden müssen, sondern auch, dass für die Zucht eine eigene Genehmigung eingeholt werden muss. Außerdem sind Züchter zur fotografischen Dokumentation der Nachzuchten verpflichtet.
Sind die gesetzlichen Bedingungen erfüllt, steht der Zucht eigentlich nichts im Wege. Da Schildkröten ohnehin am besten in Kleingruppen von zwei Männchen mit drei bis vier Weibchen gehalten werden, sollte es nach der Winterstarre zur Paarung kommen. Männliche Tiere neigen besonders in dieser Zeit zu Aggressivität gegenüber Rivalen, und auch das Paarungsritual selbst läuft nicht ohne Rammen und Beißen ab. Lässt sich das Weibchen so zum Stehenbleiben bringen, reitet das Männchen auf und gibt bei der Paarung arttypische, piepsende Laute von sich. Die Eiablage erfolgt zwischen April und Juni, in der Regel gibt es im Abstand von mehreren Wochen zwei bis drei Gelege mit fünf bis acht Eiern.
Die Weibchen verwenden viel Mühe auf den Eiablageplatz. Es wird geschnüffelt und die ein oder andere Probegrabung durchgeführt. Schließlich legt das Tier eine ca. 10 cm tiefe Grube an, in die je ein Gelege gelegt und sorgfältig mit Erde bedeckt wird. Das Fehlen eines geeigneten Ablageplatzes kann zu einer Legenot führen, die oft tödlich endet. Deshalb sollte im Freigehege auf etwa einem Quadratmeter für lockeren, grabbaren Grund mit bis zu 25 cm Tiefe gesorgt sein. Außerdem reagieren die Weibchen während der Eiablage besonders empfindlich auf Temperaturschwankungen. Eine Wärmelampe kann in dieser Zeit für gleichbleibende Bedingungen sorgen.
Wer den Zuchterfolg maximieren will, entnimmt vorsichtig das Gelege und überführt es in einen Inkubator. Die Eier werden auf feuchtem Vermiculit 60-100 Tage bebrütet. Bei Temperaturen über 30 °C schlüpfen überwiegend Weibchen. In der Nacht sollten die Temperaturen sinken, die Luftfeuchtigkeit kann um die 60 % betragen. Die Jungtiere dürfen anfangs gemeinsam in einem Aufzuchtbecken wie diesem gehalten werden. Doch brauchen auch sie bereits früh und regelmäßig den Aufenthalt unter der Sonne.
Schildkröten sind alles andere als langweilig. Den urzeitlichen Reptilien ein naturnahes Zuhause zu schaffen und sie darin zu beobachten, ist eine Faszination, der viele Schildkrötenfans erlegen sind. Die Maurische Landschildkröte ist aufgrund der mittleren Größe und ihres Verbreitungsgebietes relativ einfach zu pflegen. Bei guter Haltung kann sie bis zu 80 Jahre alt werden und begleitet so vermutlich noch Deine Kinder.