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Gespenstschrecken - Haltung und Pflege im Terrarium

Gespenstschrecken sind Insekten der Ordnung Phasmatodea (eingedeutscht: Phasmiden). Die Bezeichnung kommt vom griechischen Wort Phasmos und ist Programm. Denn übersetzt bedeutet dies soviel wie Phantom oder Gespenst. Und genauso unsichtbar scheinen die Insekten dieser Ordnung zu sein. Ihre Körperformen und Farben imitieren Blätter oder Äste. Sie sind im Deutschen daher jeweils auch als Stabinsekten bzw. Wandelndes Blatt bekannt.

Exotischer Pflegling für Terrarienneulinge

Die mit der Natur verschmelzenden Tiere, die je nach Art eine Größe von bis zu einem halben Meter erreichen können, wirkten offenbar schon immer faszinierend auf Menschen. Bereits die Ureinwohner des südostasiatischen Sundaarchipels hielten die Riesenstabschrecke Eurycnema versirubra, eine grüne Stabschrecke mit roten Flügeln, als Haustier. In Europa sind die geisterhaften Insekten spätestens seit den 1980er Jahren unter Terraristen beliebt. Neben ihrem exotischen Äußeren verdanken sie ihre große Popularität wohl v. a. der einfachen Pflege. Die dämmerungs- und nachtaktiven Insekten stellen trotz ihrer tropischen und subtropischen Herkunft nur geringe Ansprüche an die Haltung. Auch bringen sie keine lebenslange Verpflichtung mit sich wie viele andere Exoten, leben sie doch nur wenige Monate bis zwei Jahre und sind leicht zu züchten.
Damit sind Gespenstschrecken ideal für Anfänger und sogar Kinder. Für kleine Forscher sind Gespenstschrecken eine der wenigen Gelegenheiten, in der Terraristik selbst aktiv die Pflege ihres Schützlings zu übernehmen. Außerdem gibt es jede Menge zu lernen. Vom Verhalten nachtaktiver Tiere über Fortpflanzung bis zur Entwicklung von Nymphe zu adultem Tier wird Biologie erlebbar. Darüber hinaus gibt es wohl wenige Tiere, an denen das Konzept Mimikry besser zu verstehen wäre. Denn Stabschrecken und Wandelnde Blätter sind tagsüber, wenn sie regungslos auf ihrer Futterpflanze sitzen, kaum von echten Ästen und Blättern zu unterscheiden. Die Täuschung ist so echt, dass die getarnten Insekten zwar weitestgehend von Fressfeinden verschont werden; dafür werden sie schonmal von Artgenossen angeknabbert. Neben dem pädagogischen Wert werden Eltern v. a. die geringen Anschaffungskosten freuen. Außerdem sind alle Gespenstschrecken Vegetarier. Empfindsame Gemüter ersparen sich also die in der Terraristik oft nötige Haltung und Verfütterung lebender Tiere.

Gespenstschrecken fürs Terrarium

Gespenstschrecken faszinieren nicht nur dadurch, dass sie Pflanzenteile wie Ästen und Blättern zum Verwechseln ähnlich sehen. Sie erreichen auch für Insekten ungewöhnliche Größen. So ist die Riesen-Stabschrecke bzw. der Wandelnde Ast (Phobaeticus serratipes) mit ungefähr einem halben Meter Länge das längste Insekt der Welt. Die Dschungelnymphe (Heteropteryx dilata) hingegen zählt mit 30-50 g Gewicht zu den schwersten Insekten.
Weitere Gespenstschrecken, die unter Terraristen beliebt sind, sind:

  • Indische Stabschrecke (Carausius morosus)
  • Australische Gespenstschrecke (Extatosoma tiaratum)
  • Großes Wandelndes Blatt (Phyllium giganteum)
  • Unerwartete Stabschrecke (Sungaya inexpectata)

 

Haltung im Terrarium

Je nach Art können sich die Haltungsbedingungen für Gespenstschrecken unterscheiden. Insbesondere die Ansprüche an die Luftfeuchtigkeit können abhängig von der Herkunft variieren. Daneben ist v. a. die richtige Größe des Terrariums von entscheidender Bedeutung, während Ausstattung, Temperatur und Beleuchtung in der Regel keiner besonderen Maßnahmen bedürfen.

Mindestgröße

Die Larven der Gespenstschrecken, die sog. Nymphen, wachsen aus ihrer Haut heraus und müssen sich dieser durch Häuten entledigen. Dies ist nur möglich, indem sie sich kopfüber an einem Ast aufhängen. Damit dies störungsfrei funktioniert muss das Terrarium mindestens dreimal so hoch sein, wie das ausgewachsene Tier. Wer mehr als eine Gespenstschrecke hält, sollte darauf achten, dass jedem Tier auch genug Platz in der Breite zur Verfügung steht. Neben Terrarien und nicht genutzten Aquarien aus Glas oder Kunststoff können theoretisch auch entsprechend große Aufbewahrungsboxen umfunktioniert werden. Für die einzelnen Arten gelten folgende Richtlinien:

  • Riesen-Stabschrecke (Phobaeticus serratipes): 50 x 50 x 100 cm (Breite x Tiefe x Höhe) für ein Tier
  • Dschungelnymphe (Heteropteryx dilata): 40 x 40 x 40 cm (Breite x Tiefe x Höhe) für ein Paar
  • Indische Stabschrecke (Carausius morosus): 40 x 40 x 60 cm (Breite x Tiefe x Höhe) für 10 Stück
  • Australische Gespenstschrecke (Extatosoma tiaratum): 30 x 40 x 50 cm (Breite x Tiefe x Höhe) für ein Paar
  • Großes Wandelndes Blatt (Phyllium giganteum): 25 x 25 x 40 cm (Breite x Tiefe x Höhe) für ein Tier
  • Unerwartete Stabschrecke (Sungaya inexpectata): 30 x 30 x 40 cm (Breite x Tiefe x Höhe)

 

Einrichtung

Ein praktischer Bodengrund ist Küchenpapier. Die Eier lassen sich leicht absammeln und das Reinigen ist schnell erledigt. Allerdings ist diese Lösung optisch wenig ansprechend. Schöner wird es mit Sand oder Kokostorf. Bei Arten, die ihre Eier vergraben, ist dies die einzige Möglichkeit. Blumenerde hingegen ist nicht geeignet. Die enthaltenen Salze schaden den Eiern. Für die übrige Einrichtung reicht es im Grunde schon, ein Gefäß mit frischen Zweigen der Futterpflanzen ins Terrarium zu stellen. Wer möchte, kann natürlich auch ein wenig mehr Aufwand betreiben und die natürliche Bepflanzung mit echten oder künstlichen Pflanzen, Wurzeln und Hölzern nachahmen. So wird das Terrarium ein echter Hingucker und die Suche nach den gut getarnten Bewohnern zu einer spannenden Aufgabe.

Temperatur, Beleuchtung, Luftfeuchtigkeit

Die meisten Gespenstschreckensind mit Zimmertemperaturen zwischen 20 und 30 Grad Celsius zufrieden. Die dämmerungs- und nachtaktiven Insekten brauchen keine besondere Beleuchtung. Bei der Luftfeuchtigkeit muss das Herkunftsgebiet der Art berücksichtigt werden. Arten aus trockenen Gebieten fühlen sich in einem größtenteils mit Gaze bespanntem Raupenkasten wohl, während Arten aus dem tropischen Regenwald in nahezu vollständig geschlossenen Behältern mit konstant hoher Luftfeuchtigkeit gedeihen. Für die oben beschriebenen Arten gelten folgende Werte:

  • Riesen-Stabschrecke (Phobaeticus serratipes): 80 %
  • Dschungelnymphe (Heteropteryx dilata): 70-80 %
  • Indische Stabschrecke (Carausius morosus): 60-70 %
  • Australische Gespenstschrecke (Extatosoma tiaratum): 60-80 %
  • Großes Wandelndes Blatt (Phyllium giganteum): 70-90 %
  • Unerwartete Stabschrecke (Sungaya inexpectata): 60-80 %

Solche Werte lassen sich bei Zimmertemperatur leicht durch abendliches Besprühen mit einer Sprühflasche erreichen. Wassertropfen auf den Pflanzen werden gerne getrunken. Besonders für Arten, die wie die Dschungelnymphe ihre Eier im Boden vergraben, ist es wichtig, das Substrat feucht zu halten. Natürlich darf es nicht zu Staunässe und Schimmelbildung kommen. Ein einfaches Thermometer und ein Hygrometer sind genug an Mess- und Regeltechnik.

Reinigung

Die Exkremente der Gespenstschrecken sollten in regelmäßigen Intervallen aus hygienischen und optischen Gründen mit dem Substrat entfernt und neues Substrat eingefüllt werden. Dabei ist darauf zu achten, die Eier möglichst vorher zu entnehmen und nach der Reinigung wieder einzusetzen.

Ernährung

Alle Gespenstschrecken sind strikte Vegetarier. In Gefangenschaft ernähren sie sich gerne von Brombeer- und Himbeerblättern, aber auch Rose und Eiche, Haselnuss oder Walnuss oder Blätter von nahezu allen Obstbäumen. Gespenstschrecken sind nicht wählerisch. Wichtig ist nur, dass die Blätter frei von Pestiziden und Düngern sind. Der natürlichen Art der Ernährung entsprechend werden Zweige mit Blättern geschnitten und ins Terrarium gestellt. In der Vase halten sie sich bis zu zwei Wochen, sie dienen den Insekten sowohl als Klettergelegenheit und Versteck als auch als Nahrungsquelle.

Zucht

Die Zucht ist außerordentlich einfach und angesichts der kurzen Lebensdauer von wenigen Monaten bis zu einem, maximal zwei Jahren auch nötig, möchte man an seinem Terrarium lange Freude haben.

Parthenogenese

Manche Arten von Gespenstschrecken pflanzen sich sowohl durch die Paarung von Männchen und Weibchen als auch durch das Legen unbefruchteter Eier durch das Weibchen fort. Man spricht in diesem Fall von fakultativer Parthogenese oder Jungfernzeugung. Bei anderen Arten ist die Jungfernzeugung die einzige Art der Fortpflanzung, so dass es gar keine männlichen Tiere gibt. Alle durch Jungfernzeugung entstandenen Tiere sind genetisch mit der Mutter identisch. Bei Arten, bei denen die Parthogenese fakultativ ist, sind die Gelege aus unbefruchteten Eiern kleiner und die Larven schwächer als wenn es zu einer Befruchtung gekommen ist.
Gespensterschrecken durchlaufen eine hemimetabole, d. h. unvollständige Verwandlung. Dabei ähnelt die Nymphe (Larve) stark der Imago (adultes Tier). Flügel und Geschlechtsorgane sind erst nach der letzten Häutung (Imaginalhäutung) vorhanden. Bei den vorangehenden Häutungen können vor Schreck abgeworfene Gliedmaßen (Autotomie) wieder nachgebildet werden. Die Eier werden je nach Art entweder auf den Boden geschleudert, mit einem schnabelartigen Legestachel (Ovipositor) ins mindestens 10 cm hohe Substrat gestochen oder an Blätter oder Borken geklebt.
Die unterschiedlichen Arten pflanzen sich folgendermaßen fort:

Fortpflanzung Riesen-Stabschrecke (Phobaeticus serratipes)

  • Parthenogenese: fakultativ
  • Eiablage: auf dem Boden
  • Entwicklung von Ei zu Nymphe: 6 Monate
  • Entwicklung von Nymphe zu Imago: 4-6 Monate bzw. 5-6 Häutungen
  • Lebensdauer: 1-1,5 Jahre

 

Dschungelnymphe (Heteropteryx dilata)

  • Parthenogenese: keine
  • Eiablage: im Boden vergraben
  • Entwicklung von Ei zu Nymphe: 7-12 Monate
  • Entwicklung von Nymphe zu Imago: ca. 1 Jahr bzw. 5-6 Häutungen
  • Lebensdauer: 6-12 Monate

 

Indische Stabschrecke (Carausius morosus)

  • Parthenogenese: fakultativ
  • Eiablage: auf dem Boden
  • Entwicklung von Ei zur Nymphe: 2,5-4 Monate
  • Entwicklung von Nymphe zu Imago: 3-8 Monate bzw. 4-5 Häutungen
  • Lebensdauer: 1-2 Jahre

 

Australische Gespenstschrecke (Extatosoma tiaratum)

  • Parthenogenese: fakultativ
  • Eiablage: auf dem Boden
  • Entwicklung von Ei zu Nymphe: 5-6 Monate
  • Entwicklung von Nymphe zu Imago: 4-6 Monate bzw. 5-6 Häutungen
  • Lebensdauer: 3 Monate bis 1 Jahr

 

Großes Wandelndes Blatt (Phyllium giganteum)

  • Parthenogenese: hauptsächlich Parthogenese
  • Eiablage: auf dem Boden
  • Entwicklung von Ei zu Nymphe: 8 Monate
  • Entwicklung von Nymphe zu Imago: 8-12 Monate
  • Lebensdauer: wenige Tage - 10 Monate bzw. 4-6 Häutungen

 

Unerwartete Stabschrecke (Sungaya inexpectata)

  • Parthenogenese: fakultativ
  • Eiablage: auf dem Boden
  • Entwicklung von Ei zu Nymphe: 4-6 Monate
  • Entwicklung von Nymphe zu Imago: 3-4 Monate
  • Lebensdauer: 1-3 Jahre


Übrigens beginnt die Mimikry bei den Gespenstschrecken schon im Eistadium. Die Eier ähneln in der Regel den Samen bestimmter Pflanzen. Da insbesondere die Eier der Australischen Gespenstschrecke daher oft von Feuerameisen in ihren Bau verschleppt werden, ähneln die neu geschlüpften Nymphen wiederum eben diesen Feuerameisen, um unbemerkt dem Bau zu entkommen. Die Nymphen der Dschungelnymphe können ihre Farbe dem helleren bzw. dunkleren Licht von Tag und Nacht anpassen und hängen tagsüber als Klumpen an Nahrungspflanzen.

Geschlechtsunterschiede

Bei den Gespenstschrecken sind die Weibchen oft farbiger und deutlich größer als die Männchen, sie brauchen etwas länger bis zur Geschlechtsreife und leben teils erheblich länger. Beim Großen Wandelnden Blatt etwa leben Männchen nur wenige Tage bis Wochen, während Weibchen zwischen 6 und 10 Monate alt werden. Bei der Australischen Gespenstschrecke hat das Weibchen z. B. Einen prominent nach oben gebogenen Hinterleib, der an einen Skorpion denken lässt.

Gruselige Gefahr oder spannender Exot?

Insbesondere da sich Gespenstschrecken auch zur Pflege durch Kinder eignen, stellt sich die Frage: Geht von ihnen irgendeine Gefahr aus? Die Antwort ist klar: Nein! Während weniger gut getarnte, ja auffällig gefärbte Gespenstschrecken über ein stinkendes, ätzendes Abwehrsekret verfügen, verlassen sich die hier vorgestellten Tiere v. a. auf ihre gute Tarnung. Manche Arten wie der Wandelnde Ast neigen dazu, ihre Gliedmaßen bei jedem Schreck abzuwerfen, kommen aber auch mit weniger Beinen ganz gut aus. Bei der sog. Abwehrstridulation werden mit Fühlern und Flügeln (sofern vorhanden) Geräusche erzeugt. Größere Arten wie das Große Wandelnde Blatt etwa verfügen über bedornte Hinterbeine, die ausgestreckt und bei Berührung wie ein Messer zusammengeklappt werden. Bei Menschen verursacht dies jedoch maximal Kratzer und blaue Flecken.
Auch füreinander sind die friedliebenden Vegetarier in der Regel keine Gefahr. Größere Arten sollte man dennoch nicht mit kleineren vergesellschaften, damit diese nicht niedergetrampelt werden. Auch Wandelnde Blätter bleiben lieber unter sich, da sie sonst Gefahr laufen, von Mitbewohnern für Futter gehalten zu werden.
Alles in allem sind die Gespenstschrecken also das perfekte Insekt für den Einstieg in die Terrarienhaltung.